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Kölner Dom mit den Händen erleben




Der Kölner Dom hat nun einen Zwilling im Kleinformat: Heute hat der Verein Domsitzung e.V. dem Kölner Dom feierlich ein Tastmodell aus Bronze übergeben. Es soll das Kölner Wahrzeichen insbesondere für Menschen mit Sehbehinderungen besser erfahrbar machen.

 

„Der Kölner Dom ist ein Symbol für unsere Stadt und ein UNESCO-Weltkulturerbe“, sagt Heinz-Theo Müller, Vorsitzender des Vereins Domsitzung e. V. „Wir freuen uns, dass nun auch Menschen mit Sehbehinderungen die Möglichkeit haben, die majestätische Architektur des Domes zu erkunden.“ Müller betont, dass dieses Projekt zeigt, was gemeinschaftliches Engagement bewirken kann.

Besonderen Dank schulde der Verein allen Spendern, Partnern und Freiwilligen. Ohne ihre Unterstützung wäre das Projekt nicht möglich gewesen, so Müller. Finanziert worden sei das rund 40.000 Euro teure Modell durch die Einnahmen der Karnevalssitzungen des Vereins. „Es war uns wichtig, dass dieses Projekt vollständig in Köln umgesetzt wird“, fügt Heinz-Theo Müller hinzu.

Dompropst dankt für die Initiative

Dompropst Msgr. Guido Assmann freut sich, dass das Tastmodell des Kölner Domes nach gut vier Jahren der Planung und Entwicklung fertiggestellt ist.  

„Auf unserem Weg, den Dom auch für Menschen mit Einschränkungen stetig besser erfahrbar zu machen, stellt das neue Modell eine große Bereicherung dar“, sagt Dompropst Msgr. Guido Assmann. „Das Domkapitel ist dem Verein Domsitzung e.V. außerordentlich dankbar für seine Initiative,

den Dom haptisch erfahrbar zu machen. Das Tastmodell                                           

vermittelt Menschen mit einer Sehbeeinträchtigung oder behinderung einen neuen Eindruck von den Dimensionen und der geometrischen Gliederung unseres Domes – und zeigt auch            Sehenden neue Perspektiven und Details auf, die sonst durch die     gewaltige Höhe der Kathedrale der Betrachtung entrückt sind. Ich bin mir sicher, dass sich das Tastmodell schnell als Ouvertüre für alle etablieren wird, die den Dom von innen kennenlernen möchten.“ 

Standort und Beschaffenheit des Modells




Das neue Tastmodell ist in den vergangenen Tagen zu Füßen des 

Südturms des Kölner Domes aufgestellt worden. Mit 65 mal 90 Zentimetern und einer Höhe von ca. 70 Zentimetern bietet es einen barrierefreien Überblick über Form und Dimension Kölner des Doms. Zur besseren Verortung für alle Betrachter des Tastmodells sind an dessen Grundplatte seitlich Tast- bzw.

Schriftfelder angebracht, die Informationen in Braille und in

Schriftform bieten. Der Sockel des Tastmodells wurde von Auszubildenden der Dombauhütte unter der Leitung von Wolfgang Küpper gestaltet. 

Die Entstehung des Tastmodells

Die Idee des Vereins Domsitzung zum Tastmodell entstand vor sechs Jahren. In Gesprächen mit Dombaumeister Peter Füssenich und dem damaligen Dompropst Gerd Bachner wurde der Plan konkretisiert. Der Künstler und Goldschmiedemeister Ingo Telkmann erklärte sich bereit, das Projekt umzusetzen. Im

Anschluss an einige Vorbereitungstreffen, begann Telkmann im Frühjahr 2020 mit der umfangreichen Planung des Tastmodells. 

Noch genau erinnert sich Telkmann an die herausfordernde Frage, die er sich zu Projektbeginn selbst gestellt hat: „Wie gestaltet man einen Dom zu Anfassen, bei dem vieles weggelassen werden muss und am Ende doch ‚alles‘ dran ist, ein Modell, das in der Größe und Beschaffenheit geeignet ist, diese wunderbare gotische Architektur, über das Berühren zu einem Bild zu machen – also für sehbehinderte und blinde Menschen auszuformen?“

Den Weg ebneten mehrere kleine Formmodelle, viele Fotos und Skizzen, bis Telkmann mit dem „Klang“ des Domes vertraut wurde. Laut eigener Aussage einer „komplexen Komposition mit einem Grundthema und darauf aufbauenden kraftvollen, lauten, bisweilen auch leisen Melodien“.

 

Beratung durch einen blinden „Experten“                                                                        




Zunächst schuf Telkmann ein Modell aus Bildhauerwachs, auf dessen Grundlage sich ein reger Austausch mit Vertretern der    Blindenseelsorge des Erzbistums Köln entwickelte. 

 

Beratend stand dem Projekt auch Wolfram Floßdorf zur Seite. Der 70-jährige Kölner ist seit seinem 20. Lebensjahr komplett erblindet. "Als Blinder bin ich auf taktile Hilfen wie Reliefs oder Brailleschrift angewiesen", sagt Floßdorf. "Bundesweit gibt es inzwischen in vielen Städten gekonnt gemachte Bronzemodelle, durch welche die jeweiligen Stadtzentren vor meinem geistigen Auge zum Leben erwachen. Ich erfahre, wie die Stadt aufgebaut ist, welche Straßen wie zueinander liegen - und genau das macht solche Modelle so wertvoll. Nun freue ich mich sehr auf das Tastmodell unseres Domes. Das Wachsmodell, mit dessen Hilfe das finale Modell aus Bronze gegossen worden ist, konnte ich bereits in der Werkstatt begutachten. Es hat mich tief beeindruckt, weil ich als Blinder durch den gewählten Maßstab im Stande bin, den Dom zu umrunden und so eine sehr gute Vorstellung seiner Größe zu erhalten. Und das Aussehen des Domes hat mich wirklich beeindruckt. Ich hätte nicht gedacht, dass unser schöner Dom derart viele Figuren, Säulen und Rundbögen aufweist. Die reichhaltigen Verzierungen sind eine Wucht - und mir ist viel klarer geworden, warum Jahr für Jahr rund sechs Millionen Menschen dieses Bauwerk besuchen. Auch wenn naturgemäß nicht jedes Detail in so einem Modell dargestellt werden kann, so ist dieses kleine Abbild unserer

Kathedrale für mich schon sehr faszinierend."

 

Finaler Bronzeguss

 

Bestärkt von diesem Input wurde das Modell im Mai dieses Jahres in der Kölner Kunstgießerei Martin Schweitzer in Bronze gegossen. Mit dem Endergebnis ist der Goldschmiedemeister Telkmann außerordentlich zufrieden. „Mit der Stiftungsidee hat der Verein Domsitzung e.V. unter seinem Präsidenten HeinzTheo Müller einen unglaublichen Prozess in Gang gesetzt und ich bin sehr dankbar, dass ich mich dieser Aufgabe stellen durfte“, so Telkmann. „Das Bronzemodell vor dem Kölner Dom wird hoffentlich allen die gotische Architektur auf neue Art erfahrbar machen.“

 

 

 

Über den Verein Domsitzung                                                                                          

Der Verein Domsitzung setzt sich seit 1996 für den Erhalt und die Förderung des kulturellen Erbes des Kölner Doms ein. Mit              

zahlreichen Projekten und Veranstaltungen trägt er dazu bei, das Bewusstsein für die Bedeutung des Doms zu stärken – sowohl in der lokalen als auch in der internationalen Gemeinschaft.

Dombauhütte


Dr. phil. des. Matthias Deml


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