Abs. 1, 18 Abs. 1 StVG, 115 Abs. 1 VVG) ergebe. Der E-Scooter sei zwar unstreitig gegen das klägerische Fahrzeug gefallen. Gemäß § 8 Nr. 1 StVG gelte die Vorschrift des § 7 StVG jedoch nicht, wenn der Unfall durch ein Kraftfahrzeug verursacht wurde, das auf ebener Bahn mit keiner höheren Geschwindigkeit als 20 km/h fahren kann. Der hier an dem Unfall beteiligte E-Scooter verfüge unstreitig über eine Zulassung nach der Elektrokleinstfahrzeuge-Verordnung (eKFV). Gemäß dieser Verordnung seien Elektrokleinstfahrzeuge Kraftfahrzeuge mit elektrischem Antrieb und einer bauartbedingten Höchstgeschwindigkeit von nicht weniger als 6 km/h und nicht mehr als 20 km/h. Entsprechend finde § 7 StVG auf den am Unfall beteiligten EScooter keine Anwendung. Auch eine entsprechende (sog. analoge) Anwendung des § 7 StVG lehnt das Amtsgericht ab, da es an einer dafür notwendigen planwidrigen Regelungslücke fehlen würde. Der Gesetzgeber habe die hier einschlägige Vorschrift des § 8 Nr. 1 StVG nach deren Erlass bereits mehrfach geändert, es dagegen „nicht für erforderlich erachtet, Elektrokleinstfahrzeuge von dem der Regelung des § 8 Nr. 1 StVG zugrunde liegenden Gedanken einer geringeren Betriebsgefahr bei langsamen Kraftfahrzeugen (BT-Drucks. 14/7752, S. 31) auszunehmen.“ Dem Kläger stehe auch kein Schadensersatzanspruch aus sog. unerlaubter Handlung (§ 823 Abs. 1 BGB) zu, da es an konkretem Vortrag dafür fehle, dass das Unfallereignis zumindest teilweise auf ein mindestens fahrlässiges Verhalten des Fahrers zurückzuführen sei. Für ein unsachgemäßes Abstellen des E-Scooters auf dem Gehweg fehle es an jeglichen Anhaltspunkten. Insbesondere könne nicht allein aus dem Umfallen der Rückschluss auf ein unsachgemäßes Abstellen oder sonstiges Verschulden des Abstellenden geschlossen werden (kein sogenannter Anscheinsbeweis). Das Umfallen eines E-Scooters könne, so das Amtsgericht weiter, „gerade in belebten Städten wie hier in Köln- vielfache Gründe haben“. So komme „neben einem unsachgemäßen Abstellen mit ebenso hoher Wahrscheinlichkeit in Betracht, dass eine dritte Person den E-Scooter (fahrlässig oder vorsätzlich) umgestoßen habe oder auch, dass der E-Scooter beispielsweise wetterbedingt „von alleine“ umgekippt“ sei.
Dagegen wandte sich der Kläger und beantragte mit dem Rechtsmittel der sogenannten Berufung eine Überprüfung des amtsgerichtlichen Urteils vor dem Landgericht Köln. Das Landgericht hat daraufhin am 31.07.2024 ohne mündliche Verhandlung durch einstimmigen schriftlichen Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO darauf hingewiesen, dass es beabsichtigte die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Das Landgericht führt dabei in seiner Begründung insbesondere aus, dass das Amtsgericht zu Recht und mit zutreffender Begründung einen Schadensersatzanspruch des Klägers gemäß den §§ 7, 18 StVG verneint habe. Dies fechte der Kläger mit der Berufung auch nicht an, sondern wende sich allein gegen die amtsgerichtliche Ablehnung eines Schadensersatzanspruches nach § 823 Abs. 1 BGB. Auch insoweit sei die amtsgerichtliche Entscheidung indes nicht zu beanstanden. Denn auch ein deliktischer Anspruch sei vorliegend weder wegen eines Verhaltens der Halterin/ Vermieterin des E-Scooters noch wegen des Verhaltens des unbekannten Fahrers/ Mieters gegeben. Zwar unterliege die Vermieterin des E-Scooters, so das Landgericht weiter, einer Verkehrssicherungspflicht hinsichtlich der von ihr betriebenen E-Roller, weil sie in ihrem Verantwortungsbereich eine Gefahrenlage schaffe, indem sie gewerblich E-Scooter vermiete und diese im Stadtgebiet aufstellen lasse. Als Verkehrssicherungspflichtige müsse sie daher die notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen treffen, um eine Schädigung anderer möglichst zu verhindern. Dies umfasse dabei diejenigen Maßnahmen, die ein umsichtiger und verständiger, in vernünftigen Grenzen vorsichtiger Mensch für notwendig und ausreichend halte, um andere vor Schäden zu bewahren. Zu berücksichtigen bleibe jedoch, „dass nicht jeder abstrakten Gefahr vorbeugend begegnet werden“ könne. Der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt sei daher genügt, wenn im Ergebnis derjenige Sicherheitsgrad erreicht werde, den die in dem entsprechenden Bereich herrschende Verkehrsauffassung für erforderlich halte. Dass die Vermieterin der EScooter „hiergegen verstoßen hätte, weil sie etwa keine regelmäßigen Kontrollen vornehmen würde, ob ihre Scooter ordnungsgemäß abgestellt worden sind“ sei dagegen weder vorgetragen noch sonst erkennbar. Auch ein schuldhaftes Fehlverhalten des Nutzers des streitgegenständlichen E-Scooters liege nach den weiteren Ausführungen des Landgerichts nicht vor. Gemäß § 11 Abs. 5 eKFV würden für das Abstellen von E-Scootern die für Fahrräder geltenden Parkvorschriften entsprechend gelten. Da Fahrräder – mit Ausnahme von Kinderfahrrädern (§ 24 I StVO) – unbestritten dem Fahrzeugbegriff des § 2 I StVO unterfallen, sei dementsprechend auch das Abstellen von Zweirädern Parken im Rechtssinne und es würden grundsätzlich die in § 12 StVO getroffenen Regelungen auch für Fahrräder gelten, soweit sich aus dem Wortlaut der Regelungen oder ihrem Sinn und Zweck nichts Anderes ergebe. Aus diesem Grunde lasse das Straßenverkehrsrecht nach allgemeiner Meinung das Abstellen von Fahrrädern im Bereich der hier allein in Rede stehenden Gehwege – vorbehaltlich der Grundregel des § 1 Abs. 2 StVO – ohne Einschränkungen zu. Das sich aus § 12 Abs. 4 StVO grundsätzlich ergebende Verbot des Parkens auf Gehwegen gelte für Fahrräder daher nicht. Das Parken eines E-Scooters auf dem Gehweg sei vor diesem Hintergrund nach Ansicht des Landgerichts nicht von vorneherein unzulässig. Zudem sei weder ein Verstoß gegen die Verbote des § 1 Abs. 2 StVO als sogenanntes Schutzgesetz im deliktischen Schadensersatzrecht (vgl. § 823 Abs. 2 BGB) gegeben, noch sei das in Rede stehende Verhalten des Mieters des E-Scooters als fahrlässig anzusehen (vgl. § 823 Abs. 1 BGB). Insoweit sei nach der Begründung des Landgerichts nämlich bereits, „wie das Amtsgericht vollkommen richtig ausgeführt“ habe, nach dem Vorbringen des Klägers „unklar, ob die Person die den e-Scooter zuletzt gemietet“ habe, „diesen überhaupt an der Auffindesituation platziert“ habe. Gleichermaßen möglich sei, „dass ihn eine dritte Person später nach dem Abstellen versetzt“ habe, denn die Fahrzeuge seien „im nicht freigeschalteten Zustand kammerbekannt zwar durchaus schwer, aber nicht vollkommen immobil“. Der Mieter hätte ein willkürliches Umstellen/ Umstoßen durch einen Dritten auch nicht bei der Wahl des Abstellorts berücksichtigen müssen. Zunächst sei „im innerstädtischen Raum wie dem Streitgegenständlichen kaum ein Abstellort denkbar, an dem ein eScooter derart sicher geparkt werden könnte, dass er auch, wenn er ein bis zwei Meter versetzt würde, beim Umfallen keine Sachen wie Fahrzeuge, Schaufenster oder Fassaden beschädigen würde. Vor allem aber würde eine solch weitreichende Pflicht faktisch eine Gefährdungshaftung begründen, die der Gesetzgeber angesichts der §§ 8 Nr. 1 StVG, 1, 11 Abs. 5 eKFV gerade nicht gewollt“ habe.
Im Rahmen der gesetzlich vorgesehenen Frist zur Stellungnahme auf die Hinweise des Landgerichts Köln mit Beschluss vom 31.07.2024 hat der Kläger schließlich die Rücknahme seiner Berufung erklärt. Damit ist das Berufungsverfahren beendet und das amtsgerichtliche Urteil vom 22.03.2024 zum Az. 270 C 105/23 rechtskräftig geworden.
Der Beschluss des Landgerichts Köln vom 31.07.2024 zum Az. 6 S 79/24 ist in Kürze unter www.nrwe.de im Volltext abrufbar. |
Landgericht Köln NRW
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