Einen besseren Freund könnten sich diese Weltspiele kaum wünschen. Ein größerer ist ohnehin nur schwer zu finden. 2,13 Meter misst Dirk Nowitzki, bei etwa 120 Kilogramm liegt sein Lebendgewicht als pensionierter Basketball-Profi. Diese 120 Kilogramm wuchtete beim Weg von Nowitzki durch das Berliner Messegelände hin zum Trainingsplatz der deutschen Basketballmannschaft einfach der Kraftdreikämpfer Danilo Pasnicki in die Luft. Nowitzki ließ sich gut gelaunt auf das Spiel ein. Und dann lag der „Dirkules“ tatsächlich waagerecht auf den Schultern des trotz aller Anstrengung fröhlich lachenden Pasnickis.
Es war ein spontanes Extratraining für den Schwerathleten, der am Montag seinen ersten Wettkampf bestreiten wird – und zugleich der überraschende Höhepunkt des Auftritts von Nowitzki bei den Special Olympic World Games. Er ist hier als „Friend of the Games“ eingeladen. Anfrage, Zusage, und dann ist er hier, zwei Tage übrigens vor seinem 45. Geburtstag, den er im Kreise der Familie verbringen wird.
Bei Nowitzkis Runde von der Pressekonferenz über die Zufallsbegegnung mit den Kraftdreikämpfern bis hin zum Basketball-Court war schwer zu entscheiden, wer hier begeisterter war, wessen Augen stärker leuchteten: Die der vielen Athlet*innen und Betreuer*innen, die Nowitzki um Autogramme baten und ihn für Selfies anhielten, oder die von Nowitzki selbst, der schnell eingetaucht war in das fröhliche Miteinander.
„Ich habe früher schon hier und da Sportler getroffen, die bei Paralympics oder auch Special Olympics mitgemacht haben. Ich kenne diese Freude in den Augen, wenn sie von den Events sprechen, an denen sie sich messen und andere Athleten kennenlernen können“, sagte Nowitzki während einer kleinen Pause zum Redaktionsteam der Weltspiele. Angesichts des munteren Treibens der vielen Athlet*innen aus 176 Nationen fühlte er sich auch an seine eigene Olympiaerfahrung 2008 in Peking erinnert. „Das löst bei mir wieder Gänsehaut aus, wenn ich von meinen Spielen spreche. Und genauso ist es auch bei diesen Athletinnen und Athleten hier. Das ist so eine tolle Erfahrung und deswegen sind alle hier in dieser Woche.“
Nowitzki war 2008 Fahnenträger der deutschen Olympiamannschaft. Und niemals vergessen wird er den Moment, als seine Mannschaftskamerad*innen ihm kurz vor dem Einlauf ins Stadion zuriefen: „Wir wollen die Flagge sehen“ und Nowitzki sie dann hoch über seinem Kopf schwang.
Den Special Olympics World Games mochte Nowitzki sogar noch etwas ganz Besonderes abgewinnen im Vergleich zu den Olympischen Spielen: „Hier herrscht nicht der große Druck, sondern es geht wirklich um den sportliche Gedanken, um Zusammenhalt, Akzeptanz und voneinander lernen, neue Freunde kennenlernen aus der ganzen Welt. Und dann ist es so, dass hier alles ein bisschen vermischt ist, dass die Betreuer bei den Athleten wohnen, dass auch die Familien teilweise da sind. Und alle nehmen die öffentlichen Verkehrsmittel zu den Events. Da stellt sich ein familiäres Gefühl ein.“
Besonders familiär ging es bei Nowitzkis Auftritt bei den deutschen Basketballer*innen zu. Schnell bildete sich eine Traube um den Superstar aus der NBA. Der schrieb geduldig Autogramme auf T-Shirts, Jacken und Akkreditierungsplaketten. Und dann bat er um einen Ball, wollte selbst spielen. „Ich übernehme die Defense“, sagte er. Im 1:1 dribbelten dann fast alle Spieler*innen der Teams auf Nowitzki zu. Manchen gelang es sogar, einen Korb gegen den Ex-Profi zu erzielen. „Es war einfach toll, gegen Dirk zu spielen. Ich habe ihn so oft im Fernsehen gesehen. Und jetzt ist er hier. Das ist einfach stark“, sagte der Bayer Josef Dobmeier zur Redaktion der Weltspiele.
Für Dobmeier und seine Mitspieler*innen bedeutet die Begegnung mit Nowitzki einen enormen Motivationsschub. „Jetzt kommen vielleicht noch mal fünf Prozent mehr drauf. Ich glaube, jetzt brennen alle noch viel mehr. Da ist jetzt ganz viel Emotion, das muss man sich mal vorstellen, hier war gerade der beste deutsche Basketballer, der jemals gespielt hat“, sagte Basketball Head Coach Laurent Oettershagen.
Dass er der beste deutsche Basketballer ist, den es jemals gab, ließ Nowitzki nur mal kurz aufblitzen, als er ein paar Bälle jenseits der Dreierlinie im Korb versenkte. Ansonsten war er Sportler unter Sportler*innen. Und fröhlich machte er auch mit beim klassischen Teamritual des Unified Teams, als alle sich im Kreis aufstellten, jeweils die linke Hand in die Mitte streckten, so dass sie sich berührten und riefen: „One Team“. Ein Team, eine Mannschaft – welch schönes Motto für den Auftakt der Special Olympics World Games in Berlin.
Text: Tom Mustroph
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